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Der Kinkakuji in Kyoto kann als echte Ausnahmeerscheinung betrachtet werden: große historische Prachtbauten, wie wir sie aus Europa kennen, sucht man in Japan vergebens. Während wir mit Marmor, Stein und … Edelmetallen regelrecht verwöhnt werden, haben solche Materialien in der Architektur in Japan eher eine geringe Rolle gespielt. Eine große Ausnahme gibt es hier jedoch: der goldene Pavillon (auf japanisch: kinkaku ) im Rokuonji-Tempel in Kyoto, oder besser bekannt unter seinem bereits erwähnten Alltagsnamen: Kinkakuji, oft auch der goldene Tempel genannt.
Über den Kinkakuji-Tempel, den goldenen Tempel
Allgemein
Kinkaku-ji (jap. 金閣寺, dt. „Goldener-Pavillon-Tempel“), eigentlich Rokuon-ji (鹿苑寺, dt. „Rehgarten-Tempel“), ist ein buddhistischer Tempel im Nordwesten der japanischen Stadt Kyōto.
Bekannt ist die Tempelanlage für die Shariden (舎利殿, „Reliquienhalle“), deren obere Stockwerke vollständig mit Blattgold überzogen sind und die daher als Kinkaku (金閣), „Goldener Pavillon“, bezeichnet wird. Wegen der Bekanntheit des Pavillons wird heutzutage für die gesamte Anlage der Name Kinkaku-ji verwendet.
Wikipedia
Den Grundstein für den Kinkakuji legte der Shogun Ashikaga Yoshimitsu (1358-1408), dem großen Förderer der Kitayama-Kultur. Nach seiner Abdankung 1394 verfolgte er vor allem den Bau seines Alterssitz. Dazu übernahm er den Palast eines anderen Clans und renovierte diesen. Daraus wurde der Kitayama-Palast, wo er ab 1397 in dessen Nähe den goldenen Pavillon bauen ließ. Nach dem Tod von Yoshimitsu 1408 wurde dieser Besitz auf dessen Wunsch hin in einen Tempel der Rinzai-Sekte umgewandelt.
Weiterhin gehört der Kinkakuji zum Ginkakuji-Tempel und Shokokuji-Tempel. Von diesen drei Tempeln ist der Shokokuji der Haupttempel.
Rundgang – um den goldenen Pavillon
Das Tempelgelände des Kinkakuji kann man in zwei große Bereiche aufteilen: der Teich mit dem goldenen Pavillon und der sich anschließende Weg durch den Garten. Aber bereits im Eingangsbereich merkt man den Besucheransturm.
Der goldene Pavillon – Hat man den Eingang hinter sich gelassen, dauert es nicht lange, bis man den goldenen Pavillon zu Gesicht bekommt. Vorher habe ich von historischen Prachtbauten geredet und dass der Pavillon eine Ausnahme darstellt. Dem ist – wie in Japan so oft – nicht exakt der Fall. Denn der heutige Pavillon im Kinkakuji ist eine Replika aus den 50er Jahren. Zuvor fiel der Pavillon 1950 Brandstiftung zum Opfer.
Besonderen Charme entfaltet der Pavillon, wenn er direkt von den Sonnenstrahlen getroffen wird, denn dann reflektiert er im Teich, der davon auch seinen Namen erhalten hat: kyōkochi*, der Spiegelteich.
*鏡湖池
Allesamt Postkartenmotive, im Herbst aufgenommen:
Und im Mai sieht die Aussicht dann so aus, wenn an den Uferrändern die eine oder andere Blume blüht:
Anschließend geht es fließend in den Garten über.
Der Garten des Kinkakuji hinter dem Pavillon war dann leider so arm an ästhetischen Blickpunkten, dass ich kaum die Lust verspürte, die Kamera zu verwenden. Glücklicherweise setzte hier aber schon teilweise die Herbstfärbung ein. Zuvor musste man sich aber an einem Verkaufsstand vorbei kämpfen.
Kurz vor dem Ausgang wartet noch ein archaisch wirkendes Teehaus auf den interessierten Besucher. Dieses Teehaus mit dem Namen Sekkatei wurde während der Edo-Zeit (1603-1868) errichtet und fiel stilecht in der Meiji-Zeit (1868-1912) einem Brand zum Opfer und wurde neu wieder aufgebaut. Danach läuft man am Tempel-Café vorbei, wo man sich auf typisch roten Wolldecken ausruhen und Matcha trinken kann…
…bevor sich die letzten Gebäude dann dann wieder um religiöse Aspekte und dem dazugehörigen Geschäft drehen.
Persönliche Einschätzung
Kinkakuji gehört mit gewissen anderen Tempeln wie den Kiyomizudera oder Ryoanji* zu den ganz großen Besuchermagneten in Kyoto. Kein Wunder, werden diese Tempel in jeden Reiseführer als die Highlights schlechthin angepriesen. Während für mich der Kiyomizudera und Ryoanji zwar keine Highlights einer Kyotoreise darstellen, aber dennoch als besuchenswert einschätze, so ist der Fall beim Kinkakuji deutlich anders. Ich habe es schon öfters an anderer Stelle durchblicken lassen, dass ich den Kinkakuji für deutlich überbewertet halte und dieser Eindruck hat sich mit dem neuesten Besuch weiter verhärtet.
* Die Tempel Kinkakiji, Kiyomizudera und Ryoanji habe ich bereits alle 2009 besucht, aber in den folgenden Jahren gemieden, daher konnte man zu diesen Tempeln lange Zeit keine eigenständigen Artikel auf Japan-Kyoto finden. Das wurde dann eher widerwillig im November 2015 nachgeholt. Wie heißt es bei Nachrichtenredaktionen so gerne? “Dazu müssen wir auch was haben!”
Der einzige unbestrittene Punkt des Kinkakuji mag dessen goldener Pavillon sein, der zusammen mit dem Teich wirklich schön ist. Was steht dem aber gegenüber? Der riesige Besucheransturm mit Gruppen, die lautstark untereinander kommunizieren und um die besten Fotospots konkurrieren. Die relativ uninteressante Parkanlage, durch die man nach Betrachten des Pavillons geführt wird. Das kann jeder für sich nun werten wie er mag, aber die Rummelplatzatmosphäre durch den massiven Besucheransturm und den ereignislosen Garten gleicht der Pavillon in den Augen des Autors leider nicht aus. Es überrascht mich immer wieder, wie Leute in ihren Erfahrungsberichten vom goldenen Pavillon schwärmen, der sie “regelrecht im Inneren berührt” hat. Tja, ist halt aus Gold gemacht, nicht wahr? Ähnliche Konstrukte (im weiteren Sinne) findet man überall in Kyoto, nur sind die halt nicht aus Gold gemacht und stehen nicht in jedem Reiseführer, der einem sagt, wie unglaublich fantastisch dieser Pavillon doch ist.
Eine berechtigte Frage ist sicherlich, ob ich den Kinkakuji auch dann so schlecht bewerten würde, wenn die Besucherzahl niedriger wäre? Wahrscheinlich würde ich dem Kinkakuji dann drei statt zwei Sterne geben, denn dann könnte der Kinkakuji u.a. seiner eigentlichen Rolle als religiöse Stätte besser gerecht werden**. Mit der jetzigen Situation fühlt man sich eher wie ein Teil einer Viehherde, die durch einen Themenpark getrieben wird. Man sieht, manchmal ist es nicht leicht, Sehenswürdigkeiten zu bewerten! Man kann es den Leuten nur schwer übel nehmen, wenn sie den Kinkakuji besuchen wollen und geht man selber hin, wird man automatisch selbst zum Teil des Problems.
** Womit auch gemeint ist, dass man den Tempel in Ruhe besichtigen kann und auf sich wirken lassen kann. Der religiöse Aspekt ist bei vielen größeren Tempeln sowieso schon in den Hintergrund gerückt, siehe z.B. Rurikoin.
Shokokuji, Kinkakuji, Ginkakuji
Erstaunlich, aber wahr: Die beiden berühmten Tempel Kinkakuji (goldener Pavillon) und Ginkakuji (silberner Pavillons) sind beides Subtempel des weniger bekannten Shokokuji-Tempels. Subtempel, die abseits liegen, nennt man keigai tatchū 語境外塔頭.
Lese auf JAKYO:
Shokokuji-Tempel in Kyoto EDIT
Lese auf JAKYO:
Kinkakuji-Tempel - der goldene Pavillon in Kyoto EDIT
Schöner Pavillon mit Menschenmassen ohne Ende - an der Akzeptanz derer wird sich entscheiden, wie man den Besuch des Kinkakuji in Erinnerung behält.
Lese auf JAKYO:
Ginkakuji-Tempel (silberner Pavillon) in Kyoto EDIT
Idyllische und berühmte Anlage mit tollen Blickfängen, die aber etwas abseits liegt.
Jakyo-Bewertung
JAKYO
3.5
von 5
Kinkakuji-Tempel
Schöner Pavillon mit Menschenmassen ohne Ende - an der Akzeptanz derer wird sich entscheiden, wie man den Besuch des Kinkakuji in Erinnerung behält.
Mit 400 Yen etwas günstiger als der Durchschnitt
Rummelplatzatmosphäre
Ereignisloser Garten
Bei Regen verwandelt sich das Gelände in ein Meer aus Regenschirmen
Zen Gardens: The Complete Works of Shunmyo Masuno
Shunmyo Masuno, Japan's leading garden designer, is at once Japan's most highly acclaimed landscape architect and an 18th-generation Zen Buddhist priest, presiding over daily ceremonies at the Kenkoji Temple in Yokohama. He is celebrated for his unique ability to blend strikingly contemporary elements with the traditional design vernacular. He has worked in ultramodern urban hotels and in some ...
Shunmyo Masuno, Japan's leading garden designer, is at once Japan's most highly acclaimed landscape architect and an 18th-generation Zen Buddhist priest, presiding over daily ceremonies at the Kenk...
Jakyo-Infos
Übersicht
Gebrauchsname: kinkakuji 語金閣寺
Formeller Name: hokuzan rokuonji 語北山鹿苑禪寺
Tempelname: rokuonji (Rehgartentempel) 語鹿苑寺
Bergname: hokuzan 語北山
Weitere
北山殿 hokuzanden
北山第 hokuzandai
Öffnungszeiten & Eintritt
※ Saisonal können die Öffnungszeiten um eine halbe Stunde abweichen.
※ Sofern nicht anders vermerkt: täglich geöffnet.
Anreise
Bus | Entweder die Haltestelle Kinkakuji-mae (direkt vor dem Eingang) oder an der Hauptstraße die Haltestelle Kinkakuji-michi.
Hallo Christian,
ich glaube, man muss den Kinkakuji ein wenig differenzierter betrachten. Du hast natürlich absolut recht, dass die Touristen-Scharen insbesondere in der Golden Week einfach nur brachial sind und entsprechend weder der Pavillon noch der Garten eine besondere spirituelle Kraft entfalten können. Nichts desto trotz ist für Viele der Kinkakuji ein Symbol für Japan und ein einzigartiges Bauwerk. Für Nicht-Kenner sehen viele Tempel irgendwie ähnlich aus – aber der Kinkakuji sticht eben deutlich heraus und es gibt, meine Ansicht nach weltweit, kein vergleichbares Gebäude. Entsprechend muss ich leider deutlich widersprechen: Der Kinkakuji ist definitiv besuchenswert – und wenn man mal in Kyoto ist, sollte man da auch hin.
Viele Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
ich denke, ich betrachte den Kinkakuji differenziert genug, schließlich lege ich ja alles ausführlich dar. Die angesprochene Stellung als Symbol von Japan hat der Kinkakuji sicherlich dem starken Marketing zu verdanken, das kommt nicht von ungefähr. Und warum er so gerne für das Marketing verwendet wird hängt wohl auch damit zusammen, dass er heraussticht. Aber warum tut er das? Weil er mit Gold verkleidet wurde. Die Architektur ist relativ gewöhnlich, allein das Material macht ihn besonders.
Der Kinkakuji hat sicherlich schon genug Befürworter, da vertrete ich mit meiner Meinung lieber die Kritiker, zu denen ich ja auch gehöre. Ich bewerte ja auch die ganze Erfahrung und nicht nur den Pavillon, den man ja nur schwer als hässlich beschreiben kann.
Von daher, klar, widersprich mir ruhig, habe ich nichts dagegen :-)
Hi Christian,
cool, dass du auf meinen Kommentar reagierst. Nicht falsch verstehen – ich habe den Kinkakuji ebenfalls nur 1x im Leben besucht und war auch bei diesem Besuch extrem genervt von den Touristenmassen. Einzig dass man nicht hin sollte – insbesondere dann, wenn man vielleicht nur einmal im Leben in Japan ist – sehe ich ein wenig anders.
Zum Thema Architektur: So ganz gewöhnlich ist die Architektur nicht, immerhin hat der Pavillon drei Etagen mit drei unterschiedlichen Baustilen (Fujiwara-Zeit – Kamakura-Epoche und der 3. Stock im karayo-Stil) und ist äußerst filigran aufgebaut. Die Fachwelt ist sich da recht einig, dass der Kinkakuji einzigartig für Asien ist.
LG
Stefan
Hallo Stefan,
klar reagiere ich :-)
Dass man gar nicht hingehen sollte schreibe ich so ja nicht. Die Besucher sollten nur wissen, was sie erwartet, vor allem wenn sie bisher fast nur diese Lobhudeleien auf den Kinkakuji gelesen haben, in denen diese Problematik ja eigentlich nie zur Sprache kommt. Wer will, kann ja trotz dieses Artikels hier hingehen oder evtl. nach etwas suchen, was einem wahrscheinlich besser gefallen wird.
Gut, statt Architektur hätte ich Erscheinungsbild (abgesehen vom Gold) schreiben sollen. Im Detail ist er sicherlich einzigartig, aber für das ungeübte Auge ähnelt das allgemeine Erscheinungsbild den Kaisando und noch weiteren Gebäuden, die man häufig vorfindet.
Und letztendlich besteht der Kinkakuji ja nicht nur aus dem Pavillon. Den Garten finde ich reichlich uninteressant und auch der Rest scheint eher pro forma da zu sein. Nicht umsonst läuft da fast jeder einfach nur durch bzw. die meisten bleiben dann nur an den Verkaufsständen hängen.
Hi Christian,
wir sind uns schon durchaus einig :-) Und am Ende ist vieles ja eben doch Geschmacksache. Wer den Kinkakuji einmal im Leben sieht, kommt vielleicht auch eher mit den Menschenmassen klar – ist ja z.B. beim Meoto-Iwa ähnlich.
LG