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Zu einer persönlichen Tradition von Jakyo wurde es, bei bedeutenden Tempeln und Schreinen einen Talisman, jp. omamori 語お守り als Souvenir zu kaufen — gerade bei Reisen außerhalb Kyotos mindestens einen pro Stadt, als Andenken. Für den himmlischen Schutz war das sehr vorteilhaft. Ebenfalls für die Kasse der Talisman-Verkäufer, denn bei bis zu 1000 Yen pro Talisman konnte es auch ziemlich ins Geld gehen. Daher war es Jakyo ganz Recht, dass ihm etwas ins Blickfeld geraten ist, was mindestens genauso interessant ist und weniger kostet als die Talismane: das Sammeln der Tempel- oder Schreinsiegeln in Form von roten Stempeln, auf Japanisch goshuin 語御朱印. Und Jakyo muss kein schlechtes Gewissen mehr haben, nach einem Jahr seine Talismane nicht verbrannt zu haben, wie es eigentlich der Fall sein soll (damit man jedes Jahr neue Omamori kaufen muss …). Es ist Zeit, sich diese Siegel näher anzuschauen!
Über die Goshuin-Stempel
Was ist ein Goshuin?
Egal ob in den Tempeln Kinkakuji, Kiyomizudera und Ryoanji oder in den Schreinen Yasaka-Jinja und Kitano-Tenmangu, überall gibt es neben der Verkaufsstelle für Omamori auch diejenige für die hauseigenen roten Stempel oder Siegel, den goshuin (御朱印). Die Goshuin sind ein traditioneller Aspekt der japanischen Kultur, der sich auf die dortigen ansässigen Religionen Buddhismus und Shintoismus verteilt. Sie gelten als Beweis, dass man als Besucher oder Pilger den jeweiligen Schrein oder Tempel besucht hat. Die roten Stempel werden in einem kleinen Buch namens goshuinchō (御朱印帳) gesammelt. Dieses Buch nehmen Gläubige mit ins Grab, um leichter Einlass in den Himmel, Paradies o.ä. zu erhalten. Neben diesen spirituellen Aspekt ist es heutzutage aber auch einfach als kulturelle Aktivität beliebt, die Goshuin der Tempel und Schreine zu sammeln. Sei es aus ästhetischen Gründen, die der Anziehungskraft der Schriftzeichen Kanji geschuldet sind, oder tatsächlich etwas von der spirituellen Seite mitzunehmen – die Gründe für das Sammeln können vielseitig sein.
Es gibt aber auch Varianten zum Goshuincho: so können sich Pilger auf Shikoku die roten Stempel auf ihr weißes Pilgergewand stempeln lassen, welche die Pilger meist tragen.
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Goshuin im Detail
Wer nun um ein Goshuin bittet und sich anschließend das Ergebnis anschaut, der wird feststellen, dass ein Goshuin nicht nur aus einem roten Stempel besteht. Da ist noch viel mehr! Natürlich ist der Hauptstempel des Tempels oder Schreins dabei, der so gut wie immer rot und quadratisch ist und aus Kanji in altertümlicher Schreibweise besteht. Daneben findet man häufig aber noch zwei oder drei weitere rote Stempel, die je nach Ausrichtung oder Geschichte des Tempels oder Schreins gestaltet sein können. Beispiele: Bildnis eines Buddhas; Symbole der lokal eingeschreinten Kami-Gottheiten; bei historischer Verbundenheit mit dem Kaiserhaus wird oft ein Chrysanthemen-Stempel verwendet.
Über die roten Stempel werden dann noch weitere Informationen in japanischer Schrift auf die Seite im Goshuincho geschrieben – manchmal aber auch andersherum: zuerst wird geschrieben, dann gestempelt. Die größte Kalligrafie im Zentrum ist immer der Name des Tempels oder Schreins. In großen Tempeln oder Schreinen gibt es aber häufig mehrere Varianten der Goshuin, die sich dann auf eine jeweilige Halle mit eingeschreinter Gottheit beziehen. Hier wird dann der Name der Halle oder der “Sub-Location” als große Kalligrafie verwendet, während der geläufige Tempel- oder Schreinname zur linken Seite in kleinerer Schrift landet. Ebenfalls immer zu finden ist die simple Anmerkung für “Schrein-/Tempelbesuch” / “Verehrung” / “Anbetung”, für das es verschiedene Wörter gibt wie sūhai 崇拝, hōhai 奉拝, yōhai 遥拝 oder sanpai 参拝. Und ganz wichtig: das Datum des Besuchs! In japanischer Schreibweise, die wie folgt aussieht:
Beispiel
2019 JAHR* Mai MONAT 01. TAG
令和元年 五月 一日
* Das Jahr wird zudem auch immer in der japanischen Epochenschreibweise Nengo vermerkt. Das erste Jahr der aktuellen Epoche Reiwa entspricht dem Jahr 2019.
Zur überwältigenden Mehrheit bekommt man die Goshuin auch, wie bereits erwähnt, handschriftlich per Pinsel-Kalligrafie ins Goshuincho geschrieben. Das sieht dann auch in den meisten Fällen wunderschön aus. Wenn man Pech hat, kann es aber auch vorkommen, dass lediglich mit einem Edding geschrieben wird. Und noch mehr Pech hat man, wenn man lediglich einen Ausdruck des Goshuin – aber das kommt glücklicherweise so gut wie nie vor, denn Handgeschriebenes hat in Japan einen sehr hohen Stellenwert.
Manchmal wird aber auch ein alternativer Name des Tempels oder Schreins verwendet und der eigentliche Name taucht nur in Form des Siegels auf. So zum Beispiel beim Yasaka-Jinja-Schrein, der seinen lokal üblichen Namen Gionsha in großer Kalligrafie schreibt, während Yasaka-Jinja nur im roten Stempel in altertümlicher Schrift steht.
Große Kalligrafie: Gionsha
Zentraler roter Stempel: Yasaka Jinja
Links: Datum, Rechts: hōhai 奉拝
Einer der wichtigsten Schreine Kyotos! Zentral in Gion gelegen, ist das rote Haupttor ein Markenzeichen der Stadt. Der Yasaka-Schrein ist für das Gion-Fest zuständig.
Design der Goshuin
Das Design einer gesamten Seite im Goshuincho steht den jeweiligen Tempeln oder Schreinen frei, aber im Allgemeinen kann man folgende Richtlinien erkennen:
Die große Kalligrafie, die für den Namen des Tempels oder Schreins steht, ist immer zentral. Sollte für die große Kalligrafie hingegen der Name der Sub-Location genutzt werden, so steht der eigentliche Tempel- oder Schreinname in der Regel links davon. Das hat Auswirkungen darauf, wo das Datum steht, denn …
Das Datum steht für gewöhnlich links. Musste hier allerdings der eigentliche Tempel- oder Schreinname hingeschrieben werden, so wandert das Datum nach rechts.
Die Anmerkung für “Schrein-/Tempelbesuch” / “Verehrung” / “Anbetung” kann man immer oben rechts erwarten.
Wie schon eingangs erwähnt, haben Goshuin heute nicht mehr einen streng reinen religiösen Charakter, sondern haben auch Einzug in den allgemeinen Lifestyle erhalten. Selbst wenn man nichts mit Shintoismus oder Buddhismus am Hut hat, kann man sich die Goshuin als Andenken kaufen. Das haben auch die Tempel und Schreine erkannt, die mit den Goshuin auch gut ihre Bilanz füttern können. Nicht umsonst gibt es deswegen auch Goshuin, die klar auf ästhetische Aspekte abzielen und teilweise nur saisonal erhältlich sind. Immer wieder hört man in Gesprächen Ausschnitte wie “Hey, der Schrein XY hat gerade ein wunderschönes Goshuin!”.
Das Buch für die Stempel: Goshuincho
Auch die Art und Weise, wie man die Goshuin sammelt und überreicht bekommt, muss organisiert werden. Dazu gibt es ein kleines Büchlein namens Goshuincho 御朱印帳, welches man wie ein Akkordeon ausklappen kann und nicht wie andere Bücher auf nur einer Seite gebunden ist. Jede Seite ist für ein Goshuin vorgesehen, auch wenn manche Goshuin sich über zwei Seiten erstrecken können.
Gekauft am Kamigamo-Schrein, Kyoto
Das Buch für die roten Stempel kostet normalerweise 1000 Yen, die Einträge bzw. die Goshuin selbst jeweils 300 Yen kosten. Für das erste oder jedes neu angefangene Goshuincho werden in der Regel 1300 Yen fällig.
Zwar ist für jede Seite ein Goshuin vorgesehen, aber für spezielle oder saisonale Goshuin werden häufig auch eine Doppelseite genutzt. Ebenso kann es vorkommen, dass man das Goshuin nicht direkt live gestempelt und geschrieben ins Goshuincho bekommt, sondern gesondert auf einem Blatt Papier. Dieses soll man später an die entsprechende Stelle einkleben. Aber warum auf Papier? Manchmal ist derjenige, der die Goshuin anfertigt, nicht anwesend. Oder es ist (vor allem saisonal) so ein Andrang, dass keine Zeit für das händische Schreiben direkt bei Bestellung ist. In diesen Fällen werden die Goshuin dann “vorgefertigt” zur reinen Ausgabe. Bekommt man so ein Goshuin zum einkleben, dann sollte man das Einkleben auch möglichst zeitnah erledigen. Generell gelten lose Goshuin im Goshuincho als unschicklich und mehrere lose Goshuin können sogar dazu führen, dass der nächste Kalligraf leicht schockiert das Einkleben kurzerhand selber übernimmt.
Wo kauft man Goshuin?
Der Platz, an denen die goshuin verkauft werden, wird meist mit einem großen Schild markiert, auf dem shuinsho 朱印所 steht. Wie goshuin, nur wird das Honorarprefix go- abgehängt, während das Suffix -sho für Platz / Ort / Büro angehängt wird. Wenn die Verkaufsstelle nicht schon direkt am Eingang ist, dann sollte ein Schild darauf aufmerksam machen, wo man das Shuinsho findet. Da sich das Shuinsho und die Verkaufsstelle für Omamori mehrheitlich ein und dieselbe Stelle sind, kann man das Shuinsho leicht an den ausgelegten Omamori erkennen. Dann geht es nur noch darum, um ein Goshuin zu bitten und entweder ein neues Goshuincho anzufangen, oder das bereits Vorhandene zu überreichen – aus Höflichkeit aufgeschlagen an der Stelle, an der das neue Goshuin platziert werden soll.
Ursprünge Goshuin
Die Ursprünge dieser Tradition sind nicht eindeutig geklärt. Die gängigste Theorie lautet, dass man den roten Stempel nach der Stiftung einer Sutrakopie erhalten hat, weswegen der Stempel auch nōkyōin (納経印) – “Stempel für die Stiftung einer Sutrakopie” – genannt wird. In sehr wenigen Tempeln ist das auch heutzutage noch üblich, aber diese muss man erstmal finden.
Besonderes Goshuincho: Koyasan
Das Deckblatt der goshuinchō kann je nach Schrein oder Tempel unterschiedlich sein. Relativ bekannt sind die Goshuincho, die man allgemein auf dem Tempelberg Koyasan kaufen kann. Dieser befindet sich in der Präfektur Wakayama südlich von Kyoto. Die Deckblätter dieser Goshuincho sind aus dem Holz der umliegenden Bäume gefertigt. Für 1700 Yen kann man sich zwei Varianten aussuchen: Hinoki (jap. Zypresse) oder Sugi (jap. Zeder).
Bilder von der Hinoki Variante, die deutlich heller ist als die Sugi Variante:
Japanische Redewendungen
Sollte man nun den Wunsch haben, selber so ein Büchlein anzufangen, können folgende Sätze helfen.
Die Frage nach dem Wo:
goshuin wa doko de itadakemasu ka? – Wo kann ich das Goshuin bekommen?
shuinsho wa doko desu ka? – Wo ist die Verkaufsstelle für die Gohsuin?
Sobald man den Stand gefunden hat, einfach eines in die Hand nehmen, der Person hinter der Theke hinhalten und sagen:
goshuinchō o itadakitain desu ga.
御朱印帳を頂きたいんですが。
Wenn man das Büchlein schon hat und lediglich um den Stempel bitten möchte, folgendes:
goshuin o shite itadakemasen ka / goshuin o itadakitain desu ga
御朱印をして頂けませんか。/ 御朱印をいただきたいんですが。
Im Notfall helfen auch sehr einfaches Englisch sowie Hände und Füße. Danach heißt es dann: Gotta catch ’em all!
Galerie
Beispiele für Goshuin:
Japan, 1878: Das Land öffnet sich nach jahrhundertelanger Isolation dem Westen. In diesen Zeiten des Aufruhrs versucht der friedliebende Samurai Kenshin, seine dunkle Vergangenheit als Killer im Dienste der Regierung zu vergessen. Nachdem er in Tokio ein Komplott verhindert, bei dem ein unheimlicher Attentäter unter seinem alten Decknamen reihenweise Menschen exekutiert, erhält e...
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Jakyo-Infos
Übersicht
Gebrauchsname: go-shuin 語御朱印