Der Reiunin ist ein kleiner Subtempel, der direkt auf dem weitläufigen Gelände des Tofukuji-Tempelkomplex liegt. 99 % aller Tofukuji-Besucher sind schon am Reiunin vorbeigelaufen, viele haben sicherlich auch schon Bilder seines einzigartigen Steingartens gesehen. Aber besucht? Das werden nur die Wenigsten getan haben, denn hier wird es etwas knifflig.
Reiun’in
Allgemein
Der Reiunin-Tempel wurde 1390 vom Mönch Kiyo Hoshu unter dem Namen Fujian gegründet.
Man sagt, dass der Tempel gegen Ende des Tokugawa-Shogunats (Bakumatsu-Zeit 1853-68) Ort eines Geheimtreffens zwischen Saigo Takamori und Mönchen war, die loyal gegenüber dem Tenno waren.
In der Zeit des Japanisch-Russischen Krieges (1904-05) wurde der Tempel als Gefangenenlager genutzt. Etwa 50 russische Soldaten verbrachten hier acht Monate vom März bis November 1905 in Gefangenschaft — 1500 Gefangene insgesamt waren im Tofukuji interniert. In dieser Zeit widmeten sich die Gefangenen der Musik und bauten aus einfach zu findenden Materialien (Holz, Bambus…) Musikinstrumente, die sie am Ende ihrer Gefangenschaft als Erinnerungsstücke dem Tempel überließen. Diese sind bis heute noch ausgestellt.
Wer nach weiteren Informationen zum Reiunin sucht, sollte das immer zusammen mit dem Stichwort Tofukuji machen. Auch wenn Reiunin für Touristen ein wenig geläufiger Tempelname ist, so wird er doch recht häufig verwendet. So hat zum Beispiel der Tempelkomplex Myoshinji ebenfalls einen Subtempel namens Reiunin.
Lese auf JAKYO:
Tofukuji-Tempelkomplex in Kyoto
Weitläufige Tempelanlage mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die im Gedächtnis bleiben.
Rundgang
Wer vom Bahnhof Tofukuji (JR und Keihan) kommt und damit den üblichen Pfaden folgt, der wird, nach etlichen Ecken und zwei Parkplätzen, kurz vor der berühmten Gaun-Brücke, etliche an der Wand stehende Schilder bemerken. Die ersten Hinweise auf den Reiunin. Folgt man der Gasse, landet man schnell vor dem Eingangstor des Tempels.
Der Tempel besticht nicht durch seine Größe, sondern vor allem durch seinen einzigartigen Steingarten, der die Hondo-Haupthalle auf zwei Seiten umgibt. Man betritt den Reiunin zunächst durch ein kleines Tor, bevor es durch einen schmalen Vorgarten in den Eingangsraum geht, wo sich auch die Kasse befindet. Durchschreitet man die nächste Tür, so befindet man sich gleich in besagter Haupthalle, von der man aus alles betrachten kann, was der Tempel zu bieten hat.
Der erste Blickfang dürfte nahezu immer der größere Teil des Steingartens sein, der an der Südseite der Haupthalle liegt. Dieser Teil des Gartens wird “Neun Berge und acht Seen”-Garten genannt, auf Japanisch kyūsen hakkai no niwa 語九山八海の庭. Alternativ auch “Garten der Seelen”, jap. rei no niwa 語霊の庭. Auffällig sind die Wellenformationen und das Steinelement im Zentrum des Gartens.
Das zentrale Element dieses Gartens ist ein Podest, auf dem sich der iaiishi 語遺愛石 genannte Stein befindet. “Iai” bezeichnet einen Gegenstand, der von einem Verstorbenen besonders geliebt wurde. Der Stein ist vor allem im Detail sehr interessant anzuschauen.
Der westlich gelegene, zweite Teil des Steingartens nennt sich ga’un no niwa 語臥雲の庭* und stellt das Hauptmotiv des Tempels dar. Das Kanji UN in gaun ist dasselbe wie im Tempelname Reiunin. Sofort ins Auge stechen sollte der hier verwendete farbige Kies. Wer sieht es nicht? Die Wolken und das fließende Wasser. Diese beschreiben den mentalen Zustand des Mushin. Kenner von Steingärten können bei der Sicht des farbigen Kies sofort vermuten, wer den Garten in seiner heutigen Form gestaltet hat und ja, es war der legendäre Landschaftsarchitekt Shigemori Mirei. Ähnliche farbige Steingärten findet man z.B. in den Tempeln Ryoginan (ebenfalls Tofukuji) und Shinnyodo.
*Ga’un, wie die naheliegende, berühmten Ga’un-Brücke des Tofukuji, jap. ga’un-kyō
Nördlich an den gaun no niwa grenzt ein kleiner Teehüttengarten samt der Teehütte Kangetsutei 語観月亭 (“Mondschauhütte”). Diese Kangetsutei ist eine seltene zweistöckige Teehütte im Momoyama-Stil, die zur Zeit der großen Kitayama-Teezusammenkunft 1587 gebaut und anschließend an den heutigen Ort umgezogen wurde. Leider ist die Teehütte nicht öffentlich zugänglich.
Im Inneren der Haupthalle, in der man sich die ganze Zeit befindet, findet man einen Arbeitsbereich mit Tisch vor, dazu typische Tempelgegenstände, einen Bereich mit Daruma-Bild und Chigaidana-Regal* und vor allem viel frei Fläche.
*Regal mit versetzten Böden
Der Reiunin ist ein kleines Juwel unter den Subtempeln des Tofukuji, in dem man auf jeden Fall seine Ruhe vor dem Trubel haben sollte. Auch wenn er das ganze Jahr über geöffnet ist, so ist es etwas knifflig, tatsächlich eine Öffnungszeit zu erwischen, zumindest wenn man dermaßen so Pech hat wie Jakyo bei seinen ersten Versuchen. Bei Erfolg kann man sich sehr über den Anblick des ungewöhnlichen Steingartens freuen. Von daher: viel Glück!
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Jakyo-Bewertung
JAKYO
4
von 5
Reiunin-Tempel
Einzigartiger Steingarten mit seltener Farbgebung, aber insgesamt sehr übersichtlicher und kleiner Subtempel des Tofukuji. Wer den Reiunin mit offenen Toren erwischt, sollte sich den Blick gönnen.
Galerie
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Jakyo-Infos
Übersicht
Gebrauchsname: reiun'in 語霊雲院
Öffnungszeiten & Eintritt
※ Saisonal können die Öffnungszeiten um eine halbe Stunde abweichen.
※ Sofern nicht anders vermerkt: täglich geöffnet.
Unregelmäßige Ruhetage! Man kann sich nie sicher sein, ob der Reiunin geöffnet ist oder nicht. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich unter 075-561-4080 informieren, ob der Tempel geöffnet hat. Englisch sollte man aber nicht erwarten. Am Besten im Hotel an der Rezeption nachfragen, ob die im Tempel anrufen können.