Inhalt
Der Tempel Daigoji in Kyoto beweist auf dem Papier sehr schnell, dass er zu den touristischen Schwergewichten in der alten Hauptstadt gehört und sich leicht gegen die werbestarke Konkurrenz wie den Kinkakuji-Tempel oder Fushimi-Inari-Schrein behaupten kann. Das Tempelareal ist riesig und ist in vier große Bereiche aufgeteilt. Da ist zum einen die Tempelresidenz Sanboin, die mit klassischer Innenarchitektur und einem japanischen Teichgarten punktet. Im unteren Shimo-Daigo befindet sich eine fünfstöckige Pagode — von denen es insgesamt vier in Kyoto gibt — und die berühmte Ansicht mit der Bentendo-Halle. Das tempeleigene Reihokan-Museum könnte mit seinen riesigen Buddhastatuen selbst Museumsmuffel überzeugen. Wer trekken möchte, kann sich auf den Weg zum oberen Kami-Daigo-Bereich machen. Wem das immer noch nicht reicht, kann hier zur jeweiligen Jahreszeit eine wahre Pracht an Kirschblüten und Herbstlaub bewundern. Ohne Frage, der Besuch lohnt sich. Viel Natur und traditionelle Tempelarchitektur.
Daigoji-Tempel
Allgemein
Der Daigoji-Tempel lässt sich in zwei große Bereiche aufteilen, die sich wiederum in insgesamt vier separate Bereiche unterteilen lassen. Die großen Bereichen beziehen sich auf die Höhenlage: Ebenerdig befindet sich der “untere Daigo” shimodaigo語下醍醐 und oben auf dem angrenzenden Berg befindet sich der “obere Daigo” kamidaigo語上醍醐. Der Großteil der zu besichtigenden Anlagen und das touristische Hauptinteresse liegt aber eindeutig im Shimo-Daigo, der sich auf drei unterschiedliche Bereiche verteilt: das moderne Reihokan-Museum語霊宝館, in dem seit 2018 alle Tempelschätze aufbewahrt werden; die Tempelresidenz sanbōin語三宝院; das Areal mit den großen Tempelgebäuden — genannt Garan-Areal語伽藍エリア. Manchmal bezieht sich die Bezeichnung Shimo-Daigo aber nur auf Garan-Areal. Der komplette Shimo-Daigo ist uneingeschränkt zu empfehlen. Der Besuch des Kami-Daigo ist leider nicht ganz ohne Zweifel, das sollte man sich genau überlegen.
- Kami-Daigo
Durch eine etwa einstündige Wanderung zu erreichen - Shimo-Daigo
- Sanboin-Tempelresidenz
Tatami-Räume, Fusuma, Teichgarten - Garan-Areal oder Shimo-Daigo
Große Tempelgebäude, fünfstöckige Pagode - Reihokan-Museum
- Sanboin-Tempelresidenz
Die Eintrittstickets beziehen sich auf die zwei großen Bereiche: es gibt ein Sammelticket für alles im Shimo-Daigo (mit Ausnahme der Sonderöffnung im Sanboin) und ein Ticket für den Besuch des Kami-Daigo. Die Tickets kann man vor jedem Bereich an einem Stand kaufen.
Für Kenner der Stadtteile Kyotos dürfte es überraschend sein, dass der Daigoji nicht zum Stadtteil Yamashina gehört, sondern zu Fushimi.
Geschichte
Daigoji wurde 874 durch den Mönch Shobo gegründet, mit dem heutigen Kami-Daigo. Shobo benannte den Berg “Daigo-Berg”語醍醐山. Wer nach der Bedeutung von Daigo sucht, wird überrascht feststellen, dass es sich um Ghee handelt — aus Butter gewonnenes Fett, welches im Buddhismus zu den fünf am höchsten angesehenen Geschmäcker gehört, mit Daigo als “das Allerfeinste” an der Spitze dieser Hierarchie. Die Erschließung des heutigen Shimo-Daigo begann ab 907 unter der Schirmherrschaft des Daigo-Tenno. Kurz vor seinem Tod dankte er ab und begab sich als Mönch zum Daigoji, wo er dann auch starb und beerdigt wurde. Aus diesem Grunde erhielt er posthum seinen Namen Daigo.
Im Onin-Krieg Ende des 15. Jahrhunderts wurde Shimo-Daigo zum Großteil zerstört, nur die fünfstöckige Pagode überstand diese Zeit. Nach einer Phase des Zerfalls war es ein Glücksfall für den Tempel, dass Toyotomi Hideyoshi ein Auge auf den Daigoji warf. 1598 veranstaltete Hideyoshi hier seine große Hanami-Kirschblütenschau, wofür der Daigoji bis heute noch berühmt ist. In dieser Zeit wurde das Sanboin und die großen Tempelgebäude im Garan-Areal neu errichtet. Neben dem kaiserlichen Chrsanthemen-Wappen findet man am Daigoji daher auch nahezu überall das Familienwappen des Toyotomi-Clans.
Rundgang
Sanboin-Tempel
Die Tempelresidenz Sanboin wurde 1115 errichtet und diente seitdem den Tempelvorstehern als Residenz. Das Erste, was einem auffallen dürfte, ist das prächtige Karamon-Tor, welches auch als Chokushimon-Tor für kaiserliche Gesandte fungierte. Die Anlage lässt sich in drei Bereiche aufteilen: der prächtige Garten mit Teich; der vordere Bereich von der Eingangshalle bis zum Omote-Shoin-Raum, welche ganzjährig geöffnet ist; der hintere Bereich, der nur zu Sonderöffnungszeiten zugänglich ist und in dem teilweise nicht fotografiert werden darf. Die Sonderöffnung des hinteren Bereichs kostet separaten Eintritt, der direkt an der Grenze zwischen den zwei Bereichen im Omote-Shoin-Raum entrichtet wird.
Vorderer Bereich (Ganzjährig)
Der erste Blickfang im vorderen Bereich sind die seltenen Kischbäume im Eingangsbereich — Taiko-Shidarezakura genannt. Allgemein zeichnet sich der vordere Bereich durch helle, weitläufige Tatamiräume mit bemalten Fusuma-Schiebewänden aus. Zunächst betritt man die Residenz durch die große Eingangshalle, bevor man durch einen langen Flur in den Omote-Shoin (“vorderes Studierzimmer”) kommt. Hier kann man erstmal den Garten auf sich wirken lassen, der vergleichsweise groß angelegt ist und sicher beeindruckt. Man sollte die zwei kleinen Brücken nicht übersehen, die dicht und flauschig mit Moos bewachsen sind.
Hinterer Bereich (Sonderöffnung)
Hinter dem Omote-Shoin gelangt man nach Entrichtung des Wegzolls in die höher gelegene Junjokan-Halle. Die wunderschönen Fusuma mit Kirschblüten- und Herbstmotiven hier dürfen leider nicht fotografiert werden. Ärgerlich. Von verschiedenen Stellen im hinteren Bereich kann man den Garten aus anderen Blickwinkeln betrachten, besonders der hintere Gartenbereich lässt sich besser einsehen. Der Rest der Tour besteht vor allem aus dunkel gehaltenen Fluren und Tatamiräume mit Fusuma. Zwischen der Hondo- und Junjokan-Halle befindet sich noch ein Steingarten mit Moosinseln, der aber insgesamt wenig überzeugen kann. Das Junjokan und Okushinden umgrenzt einen Moosgarten mit einem flussähnlichen Teich, an dessen Spitze sich eine kleine Teehütte namens shōgetsutei語松月亭 befindet.
Die Kirschbaum-Kontroverse
Stichwort Kirschbaum: Mal darf man, mal nicht, es kann jedes Jahr anders sein. Wenn man aber nicht darf, dann kann man über die Entscheidung, dass man während der Blütezeit den einzelnen Shidarezakura-Kirschbaum im Sanboin-Garten nicht fotografieren darf, nur den Kopf schütteln. Spektakulär ist die Ansicht nicht gerade. Aaaaaaber, ein verwackelter Schnappschuss ist schon möglich.
Reihokan-Museum
Das Reihokan-Museum ist eine moderne Museumsanlage, die gerade im Hochsommer für willkommene Abkühlung sorgen kann. Hier werden alle Tempelschätze aufbewahrt und gerade die riesigen Buddhastatuen machen ordentlich Eindruck. Daher wagt JAKYO die Aussage, dass selbst wenn man kein großer Fan von Museen ist, könnte sich der Besuch dennoch lohnen. Die restlichen Tempelschätze, die nach dem Bau des Museums 1935 noch auf dem Kami-Daigo verblieben (hauptsächlich Buddhastatuen), wurden in mehreren Schritten ab 2001 in das Museum umgezogen, zuletzt 2018 nach dem Taifun Jeb. Seit 2018 sind alle Tempelschätze im Museum eingelagert und die Türen der Tempelgebäude des Kami-Daigo sind seitdem generell geschlossen.
Fotografieren im Museum ist leider nicht gestattet.
Garan-Areal
Im weitläufigen Garan-Areal stößt man auf die gesamte monumentale Architektur, die der Tempel zu bieten hat. Garan ist das japanische Wort für “große Tempelgebäude”. Der Bereich wird durch das Niomon-Tor (oder Saidaimon, “großes Westtor”) betreten. Es folgt ein kurzes Stück Weg durch ein kleines Waldgebiet, bevor man an den großen Tempelgebäuden herauskommt. Auf der linken Seite befindet sich die Kondo-Haupthalle, auf der rechten Seite die fünfstöckige Pagode, von denen es nur vier in der Stadt Kyoto gibt und wegen ihrer Fertigstellung im Jahr 951 als älteste Holzkonstruktion in der Präfektur Kyoto gilt.
Folgt man dem Weg weiter, passiert man das recht charmante Nichigetsumon-Tor, hinter dem sich die Kannondo-Halle und das eigentliche Highlight und berühmteste Ansicht des Daigoji befindet: die Bentendo-Halle mit Teich. Wunderschön im Frühsommer und im Herbst. Diese Gebäude sind vergleichsweise jung, Baujahr 1930. Das schließt den Besuch des Shimo-Daigo ab, dahinter beginnt der Aufstieg zum Kami-Daigo.
Kami-Daigo
Der “obere Daigo” ist eine kleine Ansammlung von Tempelgebäuden und befindet sich auf der Spitze der angrenzenden Bergkette, der durch eine etwa einstündige Wanderung zu erreichen ist. Hier nahm der Daigoji-Tempel seinen Anfang und war der Aufbewahrungsort etlicher Tempelschätze, bis 2018 wegen der Verwüstung durch den Taifun Jebi alle restlichen Schätze zur sicheren Aufbewahrung ins Reihokan-Museum transferiert wurden. Man kann den Kami-Daigo zwar noch besuchen und die Aussicht genießen, aber alle Tempelgebäude sind geschlossen. Darauf hat JAKYO 2019 verzichtet, wird aber eventuell noch nachgeholt. Bis zum persönlichen Aufstieg muss folgendes, sehr gelungenes Video als Ersatz herhalten:
Daigoji zur Kirschblüte
Wenn Ende März die Kirschblüten anfangen zu blühen, merkt man schnell, warum Hideyoshi Toyotomi diesen Ort für sein großes Hanami-Fest gewählt hat. Auch wenn sich der Eintrittspreis nahezu verdoppelt in dieser Zeit, so lohnt sich es dennoch — es gibt nur wenige Tempel mit so vielen Kirschbäumen. In dieser Zeit steigt der Besucherandrang auch deutlich.
Taifun Jebi 2018
Der Taifun Jebi hat 2018 große Schäden am Daigoji hinterlassen. Nicht nur an den Gebäuden am Kami-Daigo, weshalb auch die restlichen Schätze ins Reihokan-Museum transferiert wurden, sondern auch an dem kleinen Waldstück im Shimo-Daigo, zwischen dem Niomon-Tor und den Garan-Tempelgebäuden.
Jakyo-Bewertung
JAKYO
5
von 5
Daigoji-Tempel
Der Daigoji ist bei ausländischen Besuchern ein oft ignoriertes Juwel. Zahlreiche Blickpunkte mit viel Natur, interessante Architektur im Großen und Kleinen und davon reichlich - mehr kann man von einem Tempel beim besten Willen nicht erwarten.
Galerie
Japanese Garden Notes: A Visual Guide to Elements and Design
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Jakyo-Infos
Übersicht
Gebrauchsname: daigoji 語醍醐寺
Bergname: daigozan 語醍醐山
Weitere
Bergname Kamidaigoji: miyukiyama 深雪山
Öffnungszeiten & Eintritt
※ Saisonal können die Öffnungszeiten um eine halbe Stunde abweichen.
※ Sofern nicht anders vermerkt: täglich geöffnet.
*500 Yen, wenn man das Shimodaigo-Ticket hat.
Anreise
Bahn | Station Daigo (Tozai-Linie / 750 m)
Zur Kirschblüte und im Herbst verkehrt ein Sonderbus zwischen der Bahnstation Daigo und dem Tempeleingang, den man sich aber sparen kann. Abgesehen davon, dass er dann immer randvoll ist und stickig, ist es viel interessanter, den Fußweg über die große Fußgängerbrücke zu wählen.