In unjapanischer Sache wende ich mich diesmal an andere Blogger, die gelesen werden wollen.
“Blogger, plagt Euch!”, Zeit.de
Blogs, Twitter, E-Mail: Es wird heute dreimal so viel schriftlich produziert wie vor 30 Jahren. Dem steht aber nicht die dreifache Lesefreudigkeit gegenüber, sondern die halbierte. Noch nie war die Chance so gering, gelesen zu werden!
Wolf Schneider
Diesen Zitat kann ich nur zustimmen, sogar wenn ich länger darüber nachdenke. Wie oft findet man Blogs, dessen Kommentarfeld einer gähnenden Wüste gleicht? Selbst wirklich interessante Blogs trifft dieses Schicksals, wenn meist auch aus anderen Gründen. In Sachen Kommentare sieht es bei Satori Nihon nicht anders aus, aber wenigstens tröstet mich meine Webstatistik darüber hinweg … etwas. Und zum Glück sagt die Anzahl der Kommentare nicht alles aus.
Der Artikel hat mich nachdenklich gemacht. Schreibe ich gut? Ich hatte wirklich keine Ahnung. Seit meinem Abitur habe ich mich nicht mit Stillehre befasst, auch während meiner Schulzeit war Stillehre eher ein Randthema. Geistesblitz: Ich besitze eine Webseite, also muss ich mich jetzt mal damit befassen.
Bei der nächsten Gelegenheit war ich dann auch schon in einem Buchhandel und habe mir diverse Stilbücher angeschaut, hauptsächlich von Wolf Schneider. Das Buch aus dem Artikel war nicht da, aber guten Gewissens (dauert immer noch an!) habe ich mich für das Buch “Deutsch! Das Handbuch für attraktive Texte” von Wolf Schneider entschieden. Mit 300 Seiten mehr und 10 Euro weniger verließ ich motiviert das Buchgeschäft.
Und das Buch hat mir sehr geholfen. Hatte ich vor der Lektüre keine Ahnung vom schriftlichen Deutsch, kann ich jetzt zumindest erahnen, was guter Stil ist und wie fies Deutsch überhaupt sein kann. Besonders einprägsam und stellvertretend für die ganze Problematik (“Ich will gelesen werden!”) fand ich folgendes Zitat:
Wenn jemand sich überlegt, fünfzehn oder zwanzig Stunden zu investieren, um ein Buch von mir zu lesen – fünfzehn oder zwanzig Stunden, die in Kinos oder im Internet oder mit Sport verbracht werden könnten -, dann wäre das Letzte, was ich wollte, ihn auch noch mit übertriebener Schwierigkeit zu bestrafen.
Jonathan Franzen, “Deutsch!” S. 16
Übertriebene Schwierigkeit. Wer Leser haben will, darf ihn nicht langweilen und nicht ärgern. Wenn er sich in einem Absatz langweilt, haben wir ihn verloren. Verfasser haben nicht die Chance, dem Leser zu erklären, warum man den fünften Absatz so und so geschrieben hat – er muss einfach lesenswert sein. Kraftvolles, verständliches Deutsch ist gefragt!
Bevor Wolf Schneider aber mit 44 Rezepten aushilft, werden erstmal die Tücken und Bosheiten der deutschen Sprache analysiert – allgemein die heutige Verwendung der deutschen Sprache. So erfährt man allerlei über die eigene Sprache und verblüffend ist das immer wieder.
Beispiel:
“Glatteis sorgt für Verletzte.” – Oh, welch nettes Glatteis. Auf so einem würde ich auch gerne mal ausrutschen – um gleich von ihm versorgt zu werden.
In den Rezepten findet man Hilfestellungen, wie man zu einem guten Stil gelangen kann. Hauptsätze lieben, Nebensätze kritisch betrachten, Verben hofieren; Jargon meiden, Unnötiges weglassen – viele Rezepte behandeln wirklich grundlegende Dinge, die für klares und lesenswertes Deutsch doch so wichtig sind. Auch die Satzzeichen werden gewürdigt. Nur die letzten Rezepte behandeln den Text an sich – davor konzentriert sich Wolf Schneider auf einzelne Sätze, denn schon die kann man so richtig verhunzen.
Es gibt nur wenige Bücher, die ich wirklich zur Pflichtlektüre erklären würde. Ein Stilbuch wie dieses gehört sicherlich dazu. Nach der Lektüre wird man zwar nicht automatisch zum Profischreiber, aber ohne diese Lektüre kann man noch weniger darauf hoffen.
Also: Lesen, danach schreiben! Besser als zuvor.