Labyrinth Tokio — Erfahrene Reisende wissen nur allzu gut Bescheid, dass zur Reiseplanung nicht nur das bloße Finden einzelner Sehenswürdigkeiten gehört. Idealerweise konzentriert man sich auf ein zusammengehörendes Gebiet und macht sich an die Ausarbeitung einer sinnvollen Route zwischen den auserwählten Zielen. Genau mit diesem Gedanken beschäftigt sich der Autor Axel Schwab in seinem neuen Buch “Labyrinth Tokio”, in dem er dem Leser die Arbeit der Routenplanung abnimmt und jeweils mehrere kleine Touren in fünf größer gefassten Teilen Tokyos anbietet.
Labyrinth Tokyo
Sobald man das Buch Labyrinth Tokyo in den Händen hält, merkt man… man hält wirklich was in den Händen! Mit 192 Seiten hat der Tourguide einen ordentlichen Umfang. Damit passt er zwar in keine Hosentasche mehr, aber immer noch gut in den Rucksack — die Reiseanforderung A38C, die den Anspruch auf Reisetauglichkeit regelt (Mix aus Kompaktheit und Umfang), erfüllt das Buch. Qualitativ macht das Buch auch einen sehr guten Eindruck, aber was erwartet man in dieser Richtung schon anderes?
Noch bevor man zum Inhaltsverzeichnis kommt, gibt es schon im Einband einen groben Index mit einer Farbkodierung und kurzen Text dazu. Die Farbkodierung an sich ist nicht schlecht, aber leider ist der Text dazu recht nichtssagend. Sechs Touren im Westen des Tokyoter Stadtzentrums sagt für Stadtunkundige leider wenig aus, was konkret von diesen Touren nun zu erwarten ist. Ein paar Stichworte hätten dem Index im Einband sicherlich gut getan, in aktueller Form ist er leider wenig brauchbar und gibt nur einen Hinweis darauf, auf welchen Stadtteil sich die Touren beziehen.
Blättert man nur eine Seite weiter, wird dieser Mängel aber im eigentlichen Inhaltsverzeichnis mehr als zufriedenstellend behoben. Die Überschriften der einzelnen Touren verraten exakt, was den Reisenden erwartet: Das der Tour zugrunde liegende Thema und wo die Tour verläuft. Überschriften wie “Japanische Volkskunst / Museen um die Universität Tokio” oder “Joyful shoppen wie früher / Alles unter einem Dach in Minowabashi” sind ebenso präzise wie hilfreich.
Bevor es zu den Touren selbst geht, gibt es noch ein kurzes HOW TO. Neben einer kurzen Vorstellung und Überblick der Touren selbst gibt es noch allgemeine Hinweise bzw. Erläuterungen zu denselbigen. Interessant fand ich besonders folgende zwei Erwähnungen:
1) Durch ein Uhrensymbol werden Geschäfte, Cafés und Restaurants markiert, die ein “absehbares Ablaufdatum” haben. Dahinter verbirgt sich die traurige Gegebenheit, dass diese meist sehr alten Geschäfte ebenso alte Inhaber/-innen haben, aber niemanden, der das Geschäft erben möchte. Mit dem Ableben des aktuellen Inhabers werden diese Geschäfte daher sehr wahrscheinlich verschwinden. Ein häufig auftretendes Problem in Japan, da sich die Attraktivität der Übernahme für jüngere Generationen in Grenzen hält. In Kyoto gibt es diese Problematik auch, z.B. bei einem Hersteller für Besen in Handarbeit. Wunderschöne Handwerksarbeit, aber mühsam. Die Erwähnung dieser Gegebenheit ist zwar kein objektives Kriterium für die Qualität des Guides, spricht aus Sicht von Jakyo aber sehr für das Kulturverständnis des Autors. Ein dickes Plus daher für diese Erwähnung.
2) Etwas verwundert kann man über die Nennung von Telefonnummern zur Navigation in Google Maps oder Apple Maps sein. Macht aber durchaus Sinn, denn “alte” Kommunikationswege wie Telefon oder gar das Fax haben auch heute noch einen deutlich höheren Stellenwert in Japan als im Rest der Welt. Durch die Eingabe der Telefonnummer in die gewünschte Kartenmap kann man sich daher sicher sein, auch den gewünschten Zielort gefunden zu haben.
Inhaltlich geht es dann mit jeweils zweiseitigen BEST OFs los, die in den Kategorien Cafés, Restaurants, Shopping, Museen und Goshuin-Stempeln eine Auswahl der Besten präsentieren — schade, dass es keine Kategorie für Tempel und Schreine gibt. Die Best ofs sind sehr praktisch, wenn man ortsunabhängig konkret nach etwas sucht.
Die Touren selbst sind ausführlich beschrieben und reichlich bebildert. Den Anfang macht immer ein repräsentatives Bild und eine Karte mit eingetragenen Laufweg. Das Verhältnis von Text und Bildern hält sich mit etwa 50/50 die Waage. Die Bilder bringen das zu Erwartende präzise auf den Punkt und sind optisch sehr ansprechend — definitiv keine Schnappschüsse, um es mal so zu fomulieren. Zu jeder vorgestellten Lokalität gibt es Bilder, Begleittext, Öffnungszeiten, Adresse und die so wichtige Telefonnummer. Ergänzt werden viele Bereiche durch Infoboxen, die dazugehöriges Hintergrundwissen und Tipps vermitteln. Jakyo wird aber das Gefühl nicht los, dass die Boxen mit dem Hashtag #Wissen ihren eigenen Bereich verdient hätten. Verteilt über das Buch findet man sie, wenn sie thematisch zum Inhalt passen, aber viele sind so allgemein gültig und hilfreich, dass sie auch gesammelt an einer Stelle sehr viel Sinn machen würden. Und es wäre schade, wenn man sie übersiehen würde, nur weil man eine Tour überflogen hat.
Abgerundet wird der Inhalt des Buchs am Ende mit allgemeinen Reiseinfos (“Tipps für unterwegs”), die einen knackigen Überblick über Themen wie Internet in Japan und Verhaltensregeln in Badehäusern geben. Ein Jahreskalendar für größere Events und Festlichkeiten in Tokyo darf auch nicht fehlen. Praktisch sind die zwei Seiten Tourenkombinationen, die einem die Reiseplanung in Tokyo komplett abnehmen können. Das Schlusslicht bildet das sehr kurz gehaltene Glossar und das Stichwortverzeichnis.
Fazit
Als Kyoto-Liebhaber zieht es mich für Metropolbedürfnisse eher nach Osaka als nach Tokyo — aber falls es doch mal wieder die aktuelle Hauptstadt Japans geht, dann wird Jakyo definitiv “Labyrinth Tokio” von Axel Schwab als Grundlage heranziehen. Die Touren sind hilfreich beschrieben, optisch ansprechend und machen Lust, diese auch tatsächlich durchzuziehen und nicht im ersten Café hängen zu bleiben! Das Format macht den Tourguide zum umfassenden, aber immer noch reisetauglichen Begleiter.
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- ISBN: 978-3958893313
- Autor: Axel Schwab — https://www.tokyophoto.de/