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Bei seiner Japanreise im September 2024 verspürte Jakyo überraschend Lust, das erste Mal seit seinem Austauschjahr 2011/12 im Kendobu (Kendo-Club) der Doshisha-Universität zu trainieren. Mulmige Gefühle inklusive, denn der September dieses Jahres war mit konstanten 37 Grad überdurchschnittlich heiß und die Trainings in japanischen Kendobu sind allgemein nicht als die lockersten bekannt. Egal, bisweilen will man es ja wieder mal wissen, ob man auch mit Ende 30 noch tauglich ist!
Vorstellung des Kendo-Clubs (Kendobu) der Doshisha-Universität in Kyoto.
Doshisha Kendobu im September
Die Sportstätte Shinmachi gibt es nicht mehr!
Die Doshisha hat insgesamt drei “Haupt-Campi”, von denen zwei direkt in Kyoto selbst liegen: Imadegawa und der etwas kleinere Shinmachi. Der mit Abstand größte Campus dieser drei — den man gut als eigenes Dorf beschreiben kann, mitsamt einer Kirche(!) (Doshisha ist eine christliche Universität) — ist der Kyotanabe-Campus weiter südlich von Kyoto, den man mit dem Schnellzug vom Kyoto-Hauptbahnhof in etwa 40 Minuten erreichen kann. Zum Graus vieler Austauschstudenten — die im Regelfall ihren Unterricht in Imadegawa haben — befindet sich hier in Kyotanabe das Zentrum der meisten sportlichen Uni-Clubs, so auch für den Kendobu in der Davis-Memorial-Hall. Lange Zeit gab es aber noch eine Sporthalle auf dem Shinmachi-Campus, in der auch der Kendobu zwei oder drei Trainingszeiten in der Woche hatte. Nun, diese Zeiten sind leider vorbei. Jakyo war schockiert zu erfahren, dass um 2021 herum die Shinmachi-Sporthalle für weitere Unterrichtsräume weichen musste. Damit hat sich komplett alles nach Kyotanabe verlagert — und damit gibt es keine Möglichkeiten mehr, die langen Wege von und nach Kyotanabe zu vermeiden.
Training in den Semesterferien
Von Mitte Juli bis Ende September sind auch an japanischen Unis Semesterferien und damit normalerweise “Off-Season” für die Clubs und Zirkel. Aber das hat wenig Bedeutung, wenn im September zwei wichtige Meisterschaften sind: Anfang September die Kansai-Meisterschaft (Region, die u.a. Kyoto, Nara, Osaka und Kobe umfasst) und Mitte Oktober die Alljapanische Meisterschaft für Studenten. Damit hieß es auch in der Off-Season: tägliches Training!
Ein kleiner Bericht mit Bildern zur studentischen Kansai-Meisterschaft im Kendo.
Die quadratische Fechthalle (Kendojo) im unteren Stockwerk ist zwar nicht gerade klein, aber das relativiert sich schnell bei 30 bis 40 Trainingsteilnehmern. Die Semesterferien bieten den kleinen Vorteil, dass ohne die Unterrichtszeiten die Herren und Damen getrenntes Training zu ihren eigenen Zeiten haben können. Täglich wechselnd hat die eine Gruppe Training von 9:00 bis 11:00, die andere Gruppe dann anschließend von 11:30 bis 13:30 Uhr. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Kendojo klimatisiert ist. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die Klimatisierung / Luftaustauscher Pflicht(?) in Sportstätten. Aber auch die Klimatisierung relativiert sich recht schnell während des Trainings.
Das Training der Damen war verhältnismäßig locker und folgte keinem festen Ablauf. Ganz anders die Herren, die sich ein knochenhartes Training auferlegten. Im täglich wechselnden Rhythmus war der erste Block entweder für Kirikaeshi oder für Men-Uchikomi mit langen Laufbahnen vorbehalten. Aufgrund der Relation Trainingsteilnehmer zu Platzangebot wurde in mindestens 5er-Gruppen trainiert.
Kirikaeshi-Tag:
- 3x direkt auf den Men
- 3x normal
- 3x 30er
- 3x 50er
- Zum Abschluss mindestens noch zwei 100er
Men-Uchikomi-Tag (Motodachi bleibt in der Mitte):
- 3x 3er
- 3x 5er
- 3x 7er
- 3x 9er
- 3x 11er
Hört sich hart an, ist es auch, aber es ist die Atmosphäre, die den großen Unterschied macht: Wenn man mit mehr als 30 jungen und sehr motivierten Trainingsteilnehmern diese Übungen macht und alle sind gut gelaunt und feuern sich gegenseitig an, dann fliegt man regelrecht durch die Halle. Ganz im Gegensatz zu hiesigen Gefilden, wo jeder gefühlt mehr auf sich selbst konzentriert ist, für sich selbst kämpft und eher daran denkt, wie man die nächste Bewegung überhaupt überlebt. Daher ist Trainingserfahrung in Japan auch so wertvoll, um seinen Horizont zu erweitern.
Im Anschluss an diesen Block gab es dann immer noch eine Spezialübung, entweder noch eine Uchikomi-Variante oder etwas mit Blick auf Beine fit zu bekommen. Erst dann ging es in freie Auswahl über für eine halbe Stunde, bevor das Training dann mit einer weiteren halben Stunde Jigeiko zu Ende ging. Da der Platz bei etwa 30 Herren begrenzt ist, können nur etwa acht Paare gleichzeitig trainieren.
Der Kendobu der Doshisha ist sehr offen für Gäste aus dem Ausland. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Doshisha eine beliebte Universität für Austauschstudenten ist und einer der Trainer, Ogawa, auch häufiger in Europa unterwegs ist. Das führt zu Kontakten und zu Gegenbesuchen — so wie eine Gruppe von etwa 7-8 Kendoka aus dem UK im September, die sich eine Woche lang die volle Kante gegeben haben.
Videos
Zum Abschluss zwei Videos für einen kleinen Eindruck – Kirikaeshi und eine ganz besondere Übung für die Beine. Das Video, welches Jakyo sich beim Abquälen zeigt, bleibt intern ;-)
Jakyo wurde im Januar 2025 auch noch zwei Bilder vom regulären Training abends zugeschickt. Die Halle soll richtig schön kalt gewesen sein. Aber es wird trotzdem ganbariert!